Donnerstag, 12. Juli 2012

Leonie, die Kämpferin

Nun wissen wir mehr, denn nun war Leonie bei der Tierärztin unseres Vertrauens.

Nach ihrer Einschätzung war Leonie nicht so alt, wie wir dachten. Sie muss also gerade mal knapp 4 Wochen alt gewesen sein, als sie ausgesetzt wurde. an ihrem Verhalten, das nur ganz allmählich anders wird, kann man noch ablesen, wie sehr sie gekämpft hatte.

Jemand hat sie ganz einfach auf unserem Vorplatz, oder ganz in der Nähe abgelegt - um nicht zu sagen: Weggeworfen...

Bis sie den Verschlag fand, der sie schützte vor den Wettereinflüssen und vor fremden Katzen und anderem Getier, musste sie sich sehr anstrengen. Der harte Boden des Vorplatzes war nicht gerade eine Wohltat, weitere Strecken zurücklegen, naja. Von was sie sich ernährt hat, läßt sich nur vermuten. Zuerst kleine Insekten und Wasser lecken, am Morgen, wenn alles schön feucht war. Aber da kamen auch die fremden Kater aus der Nachbarschaft, und der eine, der ganz wilde. Erst fürchtete sie sich sehr, dann bekam sie heraus, dass der schwarze Kater, der immer auftauchte, direkt beim Haus gefüttert wurde. Wenn sie flink war, fiel da etwas ab für sie.
Nein, es stand auf keinem Insekt, auf keinem Getier, auf keinem Futter geschrieben, dass es für Katzenbabys geeignet ist... Das alles interressierte Leonie nicht, sie wollte nur überleben. Dass der Bussard zu Besuch kam war auch kein Spass, schnell in den Verschlag kriechen !...

Sie merkte, dass das Futter das sie ergatterte, ihr Kraft gab. So wurde sie kecker, und griff die anderen Kater schon mal an, wenn auch immer gleich auf dem Sprung zur Flucht... Manchmal liessen sie sich beeindrucken, und sie konnte etwas mehr von dem Futter zu sich nehmen, als nur das, was gnädigerweie übrig blieb. Allmählich war sie aber von Zecken besiedelt, was sie wieder schwächte und unruhig machte. Dagegen konnte sie sich leider nicht selber helfen.
Sie hatte mit der Zeit fast dauernd Hunger, und Bauchschmerzen plagten sie oft auch. Manchmal kamen Durchfälle dazu. Nach weiteren 14 Tagen wurde sie gezielt gefüttert, das tat gut. Hatte wer etwas bemerkt? Sie wurde aufmerksam, und da kam doch jeden Tag ein Mann, der die Schüsselchen hinausstellte - der auch schon mal von draussen kam.
Irgendwann lief sie ihm über den Weg, huschte dann aber rasch davon und verbarg sich.
Doch dann kam der Tag an dem sie sich beide in die Augen sahen - ihre waren noch blau...
Einige Tage später war bei dem Mann eine Frau, und die Leute machten eine Türe ganz weit auf. Es roch nach Essen...
Da spazierte sie hinein, und wollte seitdem freiwillig nicht mehr hinaus. Das erste, was ihr passierte, war, dass sie von den vielen Zecken befreit wurde.

Ja, und nun ist sie bei uns und unseren anderen Katzen, entwurmt, geimpft, - wir sahen ihr beim Wachsen und Gedeihen zu.
Sie ist immer noch ein wenig wild, und plagt unseren Kater tüchtig. Hin und wieder will sie noch Essen stehlen, weil sie Angst hat, wieder Not leiden zu müssen.
Aber, sie schläft nun mehr und ruhiger.

Im August wird sie sterilisiert.

Manche Leute scheuen die Kosten, die mit einem Tier verbunden sind. Besonders bei weiblichen Tieren ist das Sterilisieren teurer, als bei einem Kater. Also wird das oft unterlassen, die Jungen die dann kommen werden ausgesetzt, oder umgebracht - je nach Mentalität der Leute.
Aber, so eine Katze lebt auch unbeschwerter, wenn sie nicht im Jahr zweimal Junge werfen muss, weil das nun mal so ist in der Natur, wenn sie nicht sterilisiert wurde.

Was aber am meisten erschüttert: Wie kann man so ein bezauberndes Wesen voll Leben aussetzen?



Leonie ist satt. Vorerst...

Donnerstag, 7. Juni 2012

Leonie heute

 Hier ist noch lazy Sunday - unbeschwert:






Unser Findelkind, die neue Katze Leonie, wächst und gedeiht. Heute hatten wir aber ein Erlebnis, das zu denken gab:

Heute am Abend holte sich mein Mann sein Vesper. Er begann zu essen, säbelte die Wurst klein, das Brot war in Scheiben. Leonie sprang auf den Tisch, stürzte sich auf das Vesperbrett, schlug das Messer weg, schlug die Hand meines Mannes mit ausgefahrenen Krallen, holte sich Wurststücke und schnappte sich eine ganze Scheibe Brot - und das obwohl sie genug zu essen hatte, und zuvor gefüttert worden war.
Die Wurst ass sie, die Scheibe Brot wollte sie mitnehmen...

Wie sehr musste sie um ihr Leben gekämpft haben? Vielleicht schon dort, bei den unbekannten Leuten, die sie ausgesetzt haben. Einen Verdacht haben wir. Wenn das stimmen würde, dann hätte sie sich auch noch - was das Essen angeht - gegen zwei Hunde behaupten müssen.
Dann wäre ihre Katzenmami eine ältere Dame, und Leonie vielleicht die einzige und letzte, die diese Katze zur Welt bringt. Ihre Besitzerin hat die Mutterkatze irgendwann mal als einziges Tier gehabt, und die früheren Jungen gingen reissend weg. Nun aber war es nur noch ein einziges, graues Tier, nichts Besonderes.
Ihre Hunde waren schon immer wichtiger, und der Ehemann ist auch nicht gerade der Feinfühlendste, was Katzen angeht.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber diese Frau, von der ich vermute, dass sie Leonie ausgesetzt hat in unserer Nähe, weiss wo wir wohnen, und sie weiss, dass es Katzen bei uns gut geht...

Als mein Mann sie zum ersten Mal sah, und noch über eine Woche danach, hatte Leonie noch blaue Augen. Wie kann man ein kleines Tier nur so früh schon seiner Mutter wegnehmen, und aussetzen? Selbst wenn ihre Mutter sie vielleicht nicht länger angenommen hat, was ja bei unserem Kater so war, ist das kein Grund eine Katze auszusetzen.
So, wie mit den Tieren, mit den alten Menschen, mit den Armen und Hilflosen umgegangen wird, so ist diese Gesellschaft.
Und, es wird permanent schlimmer statt besser, denn unsere Leuchten und Stützen der Gesellschaft leben es ja vor, wie gegen alle anderen zu handeln ist - die Regierenden geben es vor, wie alle auseinander zu spalten und klein gehalten werden sollen.

Aber, Tiere bekamen schon immer mehr an Rücksichtslosigkeiten ab, galten sie ja nur als Gegenstände, als irgendetwas das Nutzen haben sollte. So, wie die Menschen heute auch - nützlich sein um jeden Preis.
Ja, und wer da nichts hermacht, ist eben unten durch.
So, wie die kleine Katze nun...

Wir sind echt das Letzte...

Dienstag, 5. Juni 2012

Tage, die besonders sind...

Familienzuwachs.

Es ist noch dunkel draussen, wenn mein Mann unseren vierbeinigen, freilaufenden Kostgänger, einen Scheidungs-Waisenkater aus der Nachbarschaft füttert. Das war an diesem Morgen erledigt, wir tranken Kaffee in der Küche.

Später dann, es dämmerte schon ganz leicht der Morgen, bevor er starten musste zur Arbeit, sah mein Mann noch einmal nach - auch wie immer - ob der Kostgänger leergegessen hatte. Hatte er, aber da gab es im Dämmerlicht noch eine flüchtige Bewegung und ein leises Maunzen. Vorsichtig öffnete mein Mann die Türe hinaus, doch da flitzte etwas ganz rasch davon.

Am nächsten Morgen, als das Futter draussen war, blieb der Kostgänger aus. Nach einer Weile klapperte aber das Schüsselchen...
Rasch nachsehen, und da war wieder dieses flüchtige, graue Etwas, wieselflink und klein...
Am dritten Morgen rannte nichts mehr schnell weg, und es zeigte sich, dass es eine kleine Katze war. So winzig noch, gerade mal höchstens 5 Wochen alt.
Wie war sie hierher gekommen?
Wie hatte dieses kleine Wesen es geschafft, die steile Treppe herabzukommen?
Oder den steilen Hang herauf, und auch da eine steile Treppe...

Hatte sie jemand ausgesetzt auf unserer Vorplatz-Terrasse?
Oder hatte sich das kleine Tier doch selber hergekämpft, weil es entdeckt hatte, dass es hier Futter gab? Vor allem zerdrücktes Futter...
Die kleine Katze liess sich lange nicht mehr sehen - nur am Morgen. Wo war sie sonst, und in der Nacht? Es regnete, aber sonderlich nass war sie nicht, wenn sie am Morgen kam. Wo verbarg sie sich? Ängstlich war sie ja noch.
Geduld war angesagt.

Freches Gesichtlein, und forsches Flitzen, das konnte sie rasch. Vor allem fürchtete sie die grossen Füsse der grossen Menschen...
Trotzdem redete mein Mann mit ihr, egal ob sie stehenblieb, oder erst mal flüchtete, und sich zwischen den Büscheln hinter dem Zaun beim Nachbarn versteckte.





Dann hatte ich das Glück, dass sie draussen sitzen blieb. Also, sah ich sie auch. Blanke lebhafte, kleine Äuglein. „Bist Du vom Himmel auf meine Terrasse gefallen? Wie ein kleines lebendiges Wunder?“ Eine Antwort, die ich verstanden hätte, konnte sie mir ja nicht geben.  Sie ist vielleicht für andere Leute nichts Besonderes, einfach nur eine kleine graue Katze zuviel...
Wie konnte man nur so ein kleines, zauberhaftes Kätzchen verstossen?

Und dann kamen die kalten Nächte. Zitternd stand sie morgens an ihrem Fressnapf. „Wir müssen sie herein nehmen“, sagte mein Mann. Was würden unsere beiden schon hier heimischen Katzen dazu sagen? Würde es gut gehen?
Ich ging am nächsten Morgen hinaus. Es war zwar kühl, aber es regnete gerade nicht. Das erste Morgenlicht legte sich allmählich wie ein sachter Saum am Waldrand ab, und einzelne Lichtstreifen versuchten sich Bahn zu brechen.
Es war einer jener Morgen, an denen man sich nach dem Aufstehen noch so wunderbar sauber und unschuldig fühlt - wie frisch in die Welt gefallen. Fast wie ein Engel... Und die kleine Katze blieb vor mir sitzen, und sah vor sich hin, und dann mich an. Als wollte sie sagen: „Auch wenn ich nur grau bin, schau, wie vollkommen und schön ich bin.“





Ja ein Engel würde ich wieder einmal sein müssen, für eine weitere verstossene Katze. Was war es wohl? Ein Mädchen, oder ein Junge?

Am nächsten Morgen sollte sie zu uns herein. Es kam anders, denn es regnete wieder, und war recht kalt. Am späten Nachmittag, als mein Mann wieder zu Hause war, tauchte sie auf. Und nun sahen wir auch, wo sie „hauste". Hinten unter der Treppe war eine Art Höhle, ein Verschlag, in dem allerlei Blumentöpfe und anderes Zeug aufgeräumt war. Da hatte sie sich verborgen vor den Leuten und vor dem Regen.
Nur gegen die Kälte half es nicht so gut, und sie war ja noch so klein.

Zitternd tauchte sie auf, ass erst noch mal draussen, und blieb dann stehen. Als wir vorsichtig die Türe ganz weit aufmachten, sah sie erst verdutzt auf, dann stürmte sie geradezu herein. Im Stuhl am Flurschrank lag unsere weibliche Katze. Sie fauchte und knurrte sofort, und war nicht begeistert. Unser Kater kam etwas vorsichtig und langsam dazu. Mein Mann hob die neue Katze erst mal auf, und guckte mal nach: Ein Mädchen.

Leonie, das hatten wir schon besprochen. Wenn es ein Junge gewesen wäre, dann eben Leo. Was hatte unsere Katze gegen ein weiteres Mädchen?...
Der Kater war erst auch nicht begeistert, aber er war nicht aggressiv, nur ein wenig mürrisch. Die kleine Katze merkte die Ablehnung, und schlug nach dem Kater. Der schlug erst mal zurück, aber vorsichtig. Die Keilereien mit der grossen Katze sind da schon anders...
Nun, also so allmählich verguckte sich der Kater in das kleine, quirlige Wesen, und sie tobten durch die Wohnung. Um die maulende und brummende grosse Katze scherten sie sich nicht mehr.

Das Tabu, abends nicht in mein Zimmer, wenn ich noch meine Ruhe will - ausser sie legen sich hin - haben sie sich gehalten, auch die neue Katze. Der Kater scheuchte sie hinaus. Nun steht dann erst mal Tierarzt an, und dann sehen wir weiter.
Ich hoffe, unsere Grosse akzeptiert die kleine Leonie auch noch.

Sonntag, 4. Dezember 2011

Adventsleuchten

Es kommt eigentlich nicht so sehr darauf an, wie viele Kerzen leuchten, wie grandios der Weihnachtsschmuck ausfällt. Gemeint ist ein anderes Leuchten, das von innen her ausstrahlt, und meistens erst dann sichtbar wird, wenn man sich auf den Menschen einläßt.

Wenn es dann noch gelingt, einen anderen Menschen, - ein anderes Lebewesen,- in das Leuchten einzubeziehen, ist es umso schöner.

Und so geschah es, dass heute geleuchtet wurde - und wir voll Freude zurückblieben. Eigentlich wollten wir einen ruhigen Adventstag, aber es kam ein wenig anders. Wir hatten Besuch, behinderte Menschen, die sich einsam fühlten, ausgegrenzt auf die besondere Art. Nein, diese Menschen sind nicht mit auf dem Bild - sie fürchten sich vor den anderen...

Einer davon kann nur schlecht reden, aber Musik liebt er über alles. Das stellte kein Problem dar, er bekam seine Musik. Und wir anderen versuchten mit einer oft depressiv resignierenden Person den Alltag ein wenig zu vergessen, andere Dinge zu reden als nur über anstehende Pflichten und Ärgernisse. Wir sangen ein wenig miteinander - es war vermutlich nicht schön, aber lustig, schräg, und auch etwas laut.
Und dann kam unsere Katze, die wir vor drei Jahren total verschüchtert und krank aufgenommen hatten, und setzte sich zu der anderen Frau, und rieb ihren Kopf an deren Beinen. Ihre Angst vor fremden Frauen schien verflogen zu sein - wenigstens für diesen Moment.

In die sonst oft leeren, bitteren Gesichter kam Lebhaftigkeit. Die kränkende Welt des Alltags war weit weg gerückt, und dann kam die Frage dieser aufleuchtenden Frau: "Wir sind das doch wert, oder?" Während eine von uns den Arm um sie legte, bestätigte ihr mein Mann: "Ja, und ob wir das wert sind. Das braucht jeder Mensch hin und wieder, das ist lebensnotwendig." Und sie meinte: "Bei Euch bekomme ich wieder eine Ahnung davon, wer ich sein könnte, ausserhalb aller Zwänge."

Nein, wir sind keine Engel, jeder von uns hat auch zu kämpfen, hat seine Macken und Schrullen - und im Alltag auch die Zwänge. Zwei Stunden einer Woche: Einander ein wenig Heimat bieten... Und wie viel war es doch, wie schön diese Stunden.
Darin sich gegenseitig Mut machen, dass solche Tage gelebt werden können, ohne Gedanken des Todes, der Verzweiflung. Dass solche Tage, an denen sonst oft nichts ist, ausser der Leere die zu verschlingen scheint, zu überstehen sind - miteinander - ohne, dass ein Mensch irgendwo herumirren muss, um den anderen um sich herum zu entkommen. Jenen anderen, die nur fordern aber keine Geborgenheit anbieten können. Jenem Umfeld, in dem nur die Rede davon ist, wie "gesegnet" man selber ist, und wie schlecht doch die anderen...

Hier, an diesem Sonntag war keiner schlecht, sondern einfach nur Mensch.

Vielleicht gelingt es, ein wenig von diesem Leuchten in den Wochenbeginn zu retten.